Rhein-Zeitung vom 31. August 2009
Operntöne auf der Autohupe

Eröffnung des Erpeler Brückenfestivals bot ein außergewöhnliches Musikerlebnis

Ein Konzert mit Autohupe, Scheibenwischer und Motorhaube – dieses völlig neue Musikerlebnis wollten sich die Besucher bei der Eröffnung des Brückenfestivals auf der Erpeler Ley nicht entgehen lassen. Und sie wurden Zeugen einer wahrlich ungewöhnlichen Aufführung.

Zu überhören war sie nicht, die Eröffnung des Brückenfestivals in Erpel. In luftigen 191 Metern Höhe auf der Erpeler Ley ging nämlich das wohl außergewöhnlichste Konzert über die Bühne, das die Region je gesehen und gehört hat: 15 Autos, darunter echte Raritäten, Liebhaberstücke und ein Kettcar, dienten den Leipziger Autosymphonikern als Musikinstrumente und prachtvolle Kulisse zugleich.

Ein krachendes Spektakel boten die Künstler dem Publikum auf der Erpeler Ley Ein krachendes Spektakel boten die Künstler dem Publikum auf der Erpeler Ley
Ein krachendes Spektakel boten die Künstler dem Publikum auf der Erpeler Ley

Während über dem Rheintal langsam die Sonne unterging, fanden sich zahlreiche Konzertbesucher auf dem Plateau ein. Unter ihnen auch zahlreiche Autoliebhaber, die ihre Wagen bereitwillig zur Verfügung gestellt hatten. Ralf Hüskes aus Erpel beispielsweise hatte im Internet von dem Konzert gelesen und kam prompt mit seinem Austin Healey, Baujahr 1967, zum Veranstaltungsort. »Ich bin richtig gespannt, was mich hier erwartet«, sagte der Oldtimerfan.

»Nehmen Sie ihre Plätze ein«, bat Konzertmeister Michael Hinze das Publikum, bevor das Hupkonzert zwischen glänzendem Chrom, Lack und Stoßstangen startete. »Die Freunde der italienischen Oper werden voll auf ihre Kosten kommen«, kündigte der Dirigent in Schutzkleidung und Frack an.

Und schon bei den ersten Tönen, die das Orchester dem Volvo, Alfa oder Mercedes entlockte, brach das Publikum in freudiges Gelächter aus – zu komisch klangen die klassischen Werke aus den Autohupen. Dabei boten die Musiker auch gleich tiefe Einblicke in die »zeitgenössische Literatur der Autosymphoniker«, ließen mal ruhige und sanfte Töne erklingen, um sogleich wieder »wild wie ein plötzlich auftretendes Aquaplaning« aufzubrausen. In den Tempi Allegro, Allegretto und »Alle Achtung« wurden Scheibenwischer, Lichthupen, Motorhauben und selbst Gummihammer oder ein Schwingschleifer zu Konzertinstrumenten. Rasant folgte ein Stück dem nächsten – von der Frühlingspolka bis zu AC/DC’s »Highway to Hell«.

Begeisterter Beifall und die Forderung nach Zugaben machten deutlich, wie sehr die Zuhörer Gefallen an diesem außergewöhnlichen Konzert fanden. »Ich war ja erst etwas skeptisch, aber die Vorstellung war einfach grandios«, sagte Martin Schneider aus Dattenberg. Und Theresia Schneider aus Köln fügte hinzu: »Total genial. So etwas habe ich noch nie erlebt.« Für Organisator Helmut Reinelt von der Fördergemeinschaft junger Kunst passte einfach alles zusammen: die Musik, die Landschaft, die Stimmung und die Autos.

Die Wagen kamen übrigens aus der Region. »Ein Oldtimer-Fan aus Bad Honnef hat sofort zugesagt, und über die Deutsche Verkehrswacht und Mundpropaganda sind wir in Kontakt zu weiteren Autobesitzern gekommen«, verriet Helmut Reinelt. So bekam an diesem Sommerabend das Wort »Blechinstrumente« eine ganz neue Bedeutung. Und wenn einer von seinem Auto behauptet: »Da ist Musik drin«, dann wird so mancher Zuhörer von der Erpeler Ley künftig wohl genauer nachfragen, ob damit kraftvolle PS oder flotte Hupentöne gemeint sind.

Text und Fotos: Beate Christ

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