Rhein-Zeitung vom 11. September 2009
Friedliche Papierflieger erinnern an 9/11

Schüler des Gymnasiums Hagerhof basteln für Kunstprojekt am Erpeler Tunnel – Brückentürme haben zwei neue Nachbarn bekommen

Nach zwei Wochen geht das Brückenfestival in Erpel am Sonntag zu Ende. An der Finissage wirken auch Schüler mit.

Die silbernen Figuren haben etwas von Gespenstern, auch wenn der Künstler »WolfRabe« sie Engel nennt. Im Moment rascheln sie wenig engelsgleich im Wind, die Atmosphäre vor dem Erpeler Eisenbahntunnel ist eigentlich ein wenig gespenstisch. Wären da nicht die Kinder. Geschätzte 25 von ihnen verteilen sich über den Tunnelvorplatz – und scheren sich einen feuchten Kehricht um die unheimlichen Engel. Ein Großteil der Siebtklässler vom Gymnasium Hagerhof ist mehr oder weniger eifrig damit beschäftigt, grüne und weiße Seiten zu Papierfliegern zu falten. Sie spielen in der Kunst-Performance am Sonntag eine wichtige Rolle.

3.000 Papierflieger wollen die Schüler bis Sonntag falten. »WolfRabe« (rechts) leitet sie beim Kunstprojekt an.
3.000 Papierflieger wollen die Schüler bis Sonntag falten. »WolfRabe« (rechts) leitet sie beim Kunstprojekt an.

»Ich brauche 30 Sekunden für einen Flieger«, berichtet der zwölfjährige Florian. 120 habe er bereits geschafft. 3.000 sollen es insgesamt werden. »Wir wollen sie auf die Türme fliegen lassen – wie damals bei den Twin Towers«, ergänzt eine Klassenkameradin. Das »Landart«-Projekt der Gymnasiasten beschäftigt sich mit den Ereignissen des 11. September 2001, als zwei entführte Passagiermaschinen ins World Trade Center krachten und fast 3.000 Menschen in den Tod rissen. »Die Türme«, das sind zwei Baugerüste mit durchsichtiger Plastikfolie. Die Schüler haben bereits im Kunstunterricht daran gearbeitet, die Folien mit ihren Umrissen und Gedichten über den Ersten Weltkrieg gestaltet. Jetzt basteln sie an den Fliegern, die an die Toten von 9/11 erinnern sollen. »WolfRabe«, mit bürgerlichem Namen eigentlich Wolfgang Klüver, hat dafür die Seiten eines Homöopathenverzeichnisses aufgetrieben – »weil das Grundprinzip der Homöopathie ist, Gleiches mit Gleichem zu vergelten«.

»Die friedlichen Papierflieger sind ein Kontrast zu den richtigen von damals«, meint Kunstlehrer Peter Stehr. Er ist begeistert von der Aktion. »Die Schüler nehmen die Auseinandersetzung mit dem 11. September und den Geschehnissen des Zweiten Weltkriegs an den Brückentürmen mit«, meint er. Doch nicht nur: Sie lernen auch die Zusammenarbeit mit den Künstlern.

Spaß am Papierfliegerbasteln haben allerdings nicht alle. Marlon und Leander haben ein altes Fahrrad im Wald gefunden. Nun schlagen sie mit dem Hammer darauf herum. Es soll aussehen, als wäre ein Unfall geschehen. »Auch das ist Kunst«, meint »WolfRabe«. »Die Kinder arbeiten Aggressionen ab.«

Die Schüler des Gymnasiums Hagerhof stellen ihr Kunstprojekt am Sonntag, 13. September, vor. Die Präsentation beginnt um 12 Uhr vor dem Tunnel.

Text und Foto: Sabine Balleier

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