Rhein-Zeitung vom 14. September 2009
Türme dienen als Konzertsaal

Brückenfestival: Musiker erinnern mit schottischem Liedgut an die Terroranschläge von New York

Normalerweise ragen die Erpeler Brückentürme still und düster als Mahnmale für die Schrecken des Zweiten Weltkriegs in den Himmel über dem Rhein. Jetzt aber bildeten sie die Kulisse für ein besonderes Konzert.

Die Erpeler Brückentürme dienten dem Amerikaner Tiki Shewan und der Kanadierin Nicole Thomas Zyczynski als Rahmen für ein außergewöhnliches Konzert.
Die Erpeler Brückentürme dienten dem Amerikaner Tiki Shewan und der Kanadierin Nicole Thomas Zyczynski als
Rahmen für ein außergewöhnliches Konzert.

Es war ein weiterer Höhepunkt des zweiten Brückenfestivals in Erpel: schottische Musik in den Brückentürmen. Der Amerikaner Tiki Shewan und die Kanadierin Nicole Thomas Zyczynski erinnerten in einem deutsch-amerikanischen Freundschaftskonzert an die Opfer des 11. September 2001. Für das Konzert hätte es keinen besseren Veranstaltungsort geben können. Er versetzte die zahlreichen Zuhörer in das Spannungsverhältnis zwischen einem strategisch bedeutenden Punkt für das Ende der nationalsozialistischen Terrorherrschaft und der Erinnerung an die Twin Towers des World Trade Centers, die seit ihrem Einsturz für eine neue Dimension des Terrors stehen.

Die beiden Musiker begannen den Abend amerikanisch – mit dem bekannten Kirchen- und Trauerlied »Amazing Grace«. Doch nicht nur trauriges Gedenken riefen die Künstler wach. Eigentlich haben sie sich der traditionell schottischen Musik verschrieben. Und mit dem kleinsten Dudelsack der Welt sowie einem Akkordeon erzählte das Paar die unterschiedlichsten Geschichten. Zum Beispiel vom Leben der schottischen Saisonarbeiter. Bei diesem Stück konnten die Zuhörer richtig mitfühlen, wie die Arbeiter abends und am Ende der Saison zu fröhlicher und urwüchsiger Musik feierten. Einige Gäste wippten sogar unbewusst den Takt mit.

Während des Konzerts verharrte das Duo nicht nur an einem Ort. Nach zwei, drei gespielten Titeln wanderte es mit dem Publikum im Schlepptau in ein anderes Zimmer der beiden Türme. So gewannen alle Beteiligten immer wieder neue optische Eindrücke und konnten sich zum Klang der Instrumente einen Eindruck von den Kunstwerken verschaffen, die in den Brückentürmen zu sehen waren. Zudem erschien auch die gälisch angehauchte Musik immer wieder in einem anderen Licht.

Viele der von Tiki Shewan und Nicole Thomas Zyczynski gespielten Musikstücke haben die beiden übrigens selbst komponiert. Das gilt zum Beispiel für die zwei Balladen »Moving On« und »The Emperor’s Decoration«. »Beide haben schottische Wurzeln«, erklärte Helmut Reinelt, einer der Organisatoren aus der Fördergemeinschaft junger Kunst in Bad Honnef. »Eigentlich sind sie sogenannte Weltbürger, denn sie reisen viel durch Europa und verbringen mal hier, mal dort ihre Zeit.« Der Kontakt zum Brückenfestival kam jedoch auf ganz andere Weise zustande: Tiki Shewan ist auch japanischer Schwertkampfmeister. »Als ich ein Buch über Schwertkunst schrieb, lernte ich Tiki kennen. Dabei erfuhr ich auch, dass die zwei Musik machen«, erzählte Reinelt. Gerne nahmen die Musiker das Angebot an, in den Brückentürmen zu spielen. »Es ist ein sehr gutes Gefühl, hier aufzutreten«, erklärte die 34-jährige Nicole Thomas Zyczynski. Das fanden auch die Zuhörer, die sich mit begeistertem Applaus bei den Akteuren bedankten.

Text: Michael Schorn / Foto: Creativ

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